Während die Infektionen bundesweit fast überall sinken, hat die 7-Tages-Inzidenz (Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen) in Hagen heute erneut den Wert von 200 überschritten. Die Stadt weist damit eine laut Coronaschutzverordnung „extreme Infektionslage“ auf und ist die mit Abstand am stärksten betroffene Stadt in Nordrhein-Westfalen. Doch wie kommt es bei uns trotz „Lockdown“ zu dem drastischen Anstieg und wie will die Stadt bis Mitte Februar den Zielwert von unter 50 erreichen?

Alten- und Pflegeheime

Schon seit längerem seien, so eine Stellungnahme der Stadt Hagen, die Alten- und Pflegeheime eine Ursache für hohe Infektionszahlen. Um die Bewohner:innen zu schützen, würde das Personal alle drei Tage getestet. Besucher:innen müssten sich direkt beim Einlass testen lassen. Dennoch kommt es immer wieder zu Ausbrüchen, so etwa im Helmut-Turck-Seniorenzentrum der AWO in Helfe. Dort wurden 17 positive Fällen gemeldet. Aktuell wird eine Reihentestung aller Personen der Einrichtung durchgeführt. In der Seniorenresidenz „Curanum“ auf Emst gab es 14 positive Tests, die Einrichtung steht unter Quarantäne. In neun weiteren Alten- und Pflegeheimen zählt das Gesundheitsamt insgesamt 90 Infektionen: Evangelisches Altenheim- und Pflegeheim Haspe, Altenwohnheim Dahl, Karl-Jellinghaus-Zentrum in Eppenhausen, Pflegeheim Wohlbehagen Hohenlimburg, BSH-Seniorenzentrum Helfe, Pflegeheim St. Martin Boelerheide, Seniorenresidenz am Theater, Hülsemann-Haus Hohenlimburg und Martha-Müller-Seniorenzentrum Hohenlimburg.

Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung

Seit einigen Tagen rücken nun auch verschiedene Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung in den Fokus des Infektionsgeschehens. Am vergangenen Freitag wurden durch eine Reihentestung des Gesundheitsamtes positive Fälle in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Hagen bekannt. Auch eine Einrichtung in Breckerfeld ist betroffen – deren Beschäftigte zum Großteil in Hagen leben. Teilweise wiederum in Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung. Die Vermischung der Gruppen am Arbeitsplatz, in den Wohneinrichtungen oder auf der Fahrt zu den Arbeitsstätten sorge dafür, dass sich die Infektionen schnell ausbreiten konnten. Aktuell zählt das Gesundheitsamt fünf Wohneinrichtungen, die von Infektionen betroffen sind: Eine Einrichtung mit drei positiven Fällen in Emst, zwei Einrichtungen mit insgesamt 17 positiven Fällen in Haspe sowie zwei Einrichtungen mit insgesamt 24 positiven Fällen in Hohenlimburg. 20 Beschäftigte, die privat wohnen, sind ebenfalls mit SARS-CoV-2 infiziert. Alle Bewohner:innen betroffener Einrichtungen wurden durch das Gesundheitsamt getestet, die Ergebnisse liegen aber noch nicht vor.

Viele Tests

Auch in vier Hagener Krankenhäusern gibt es momentan 53 Corona-Infektionen. In zwei Einrichtungen laufen Quarantäne-Maßnahmen.

Um Infektionen frühzeitig zu erkennen, führe das Hagener Gesundheitsamt nach eigenen Angaben zahlreiche Corona-Tests durch. Seit dem 1. Januar würden Kontaktpersonen der Kategorie 1 (enge, direkte Kontakte von Infizierten) zweimal getestet: Zunächst zu Beginn und dann noch einmal kurz vor Ende der Quarantäne. „Somit erkennen wir Infektionen, die ohne die zweite Testung wahrscheinlich unerkannt geblieben wären“, wird Gesundheitsamts-Leiterin Dr. Anjali Scholten in der städtischen Stellungnahme zitiert. Vom 4. bis 10. Januar seien durch das Gesundheitsamt 1.030 Testungen durchgeführt worden, 226 hatten ein positives Testergebnis. In der darauffolgenden Woche habe es 1.619 Testungen mit 299 positiven Ergebnissen gegeben. In der vergangenen Woche führten dann 2.030 Testungen zu 348 positiven Ergebnissen. 

In den allermeisten Fällen würde eine positiv getestete Person sämtliche Familienmitglieder anstecken. „Wenn sich beispielsweise ein Vater einer fünfköpfigen Familie bei der Arbeit infiziert, haben wir in der Regel nach Auswertung der Testungen der Familie vier weitere positive Fälle“, so Dr. Scholten.

Strengere Maßnahmen

Die aktuelle Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen sieht vor, dass Städte und Kreise strengere Maßnahmen einführen können, wenn sie sonst bis 14. Februar voraussichtlich keine Inzidenz unter 50 erreichen.

Um das aktuelle Infektionsgeschehen in der Stadt einzudämmen, will der Krisenstab der Stadt Hagen im Rahmen seiner Sitzung am morgigen Donnerstagmittag daher weitere Maßnahmen beschließen, die über die aktuell geltende Coronaschutzverordnung des Landes NRW hinausgehen werden.

Vor Inkrafttreten dieser Regelungen ist allerdings zunächst eine Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium in Düsseldorf erforderlich, die für Freitag vorgesehen ist.