Prof. Dr. Roland Wieler, Leiter des Robert-Koch-Instituts, machte es heute in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ganz deutlich: Wir stehen am Beginn einer dritten Corona-Welle. Für diese sind wohl Mutationen des Virus SARS-CoV-2 wie B.1.1.7 verantwortlich. Die vermutlich deutlich ansteckendere Virus-Variante sorgt für viele Erkrankungen insbesondere bei jüngeren Personen und in Familien. Eine Entwicklung, die sich auch in einer gestern veröffentlichten Statistik der Stadt Hagen zeigt.

Das neue Zahlenwerk betrachtet die Infektionen in Hagen im Zeitraum von 3. bis 9. März, ist also in einer hochdynamischen Situation eigentlich bereits völlig veraltet. Bedenkt man aber den stetigen Anstieg der Werte seitdem, ist die Entwicklung doch recht eindeutig.

Mit Stand vom 9. März gingen demnach in Hagen bereits mindestens 75,7 Prozent aller Infektionen der vorherigen Woche auf die „britische“ Mutation B.1.1.7 zurück. Von der „südafrikanische“ Variante B.1.351 gab es keine bekannten weiteren Infektionen.

Während die „älteren“ Altersgruppen ab 60 Jahren im untersuchten Zeitraum geringer von Ansteckungen betroffen waren (insgesamt 24 von 219 Fällen bzw. 11,0 Prozent), traf es sehr deutlich die ganz jungen: Alleine 31 (14,2 Prozent) der Neuerkrankten waren Kinder im Vorschul- oder Grundschulalter bis maximal 10 Jahre, dazu 22 Jugendliche von 11 bis 20 Jahren (10,0 Prozent). Ein Drittel (72 bzw. 33,0 Prozent) der Fälle, und damit die größte Gruppe, war 21 bis 40 Jahre alt. Rund jede:r vierte Infizierte (60 bzw. 27,4 Prozent) lag im Bereich von 41 und 60 Jahren.

Grafik: Stadt Hagen

Nicht überall konnten die Ansteckungsketten nachvollzogen werden, weil die Betroffenen ihre Kontakte nicht nennen konnten oder wollten. Dieses „diffuse“ Infektionsgeschehen machte 17,7 Prozent aller Infektionen aus. 9,5 Prozent der Personen steckten sich am Arbeitsplatz an, 7,3 Prozent in Schule oder Kita und 6,8 Prozent im medizinischen bzw. pflegerischen Bereich. Mehr als jede zweite Ansteckung (58,6 Prozent) erfolgte jedoch nachweislich im privaten Umfeld, also zu Hause oder bei Treffen mit Freund:innen und Verwandten.

In ihrer Statistik nennt die Stadt Hagen ebenfalls die Infektionszahlen nach Stadtbezirk. Demnach war Haspe mit einer Inzidenz von 188,3 in der betrachteten Woche besonders stark betroffen, während Hagen-Mitte (90,4) und Eilpe/Dahl (72,9) die niedrigsten Infektionen umgerechnet auf 100.000 Bewohner:innen hatten. Aufgrund des lange zurückliegenden Erhebungszeitpunktes, der deutlich unterschiedlichen Struktur der Bezirke, der hohen Mobilität innerhalb des Stadtgebietes und den doch ingesamt betrachtet eher geringen Gesamtzahlen halte ich diese Unterteilung allerdings für wenig aussagekräftig.

Kennzahlen zur Pandemie in Hagen in den vergangenen sieben Tagen

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Seit Samstag, 6. März 2021, sind in Hagen 13 (Vorwoche: 21) Personen in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Die Gesamtzahl der Toten steigt damit auf 253 seit Beginn der Pandemie. In der Woche wurden insgesamt 217 (Vorwoche: 199) Neuinfektion registriert. Die Wocheninzidenz liegt laut Zählung der Stadt Hagen heute bei 115,0 (Vorwoche: 101,8). An allen Tagen der vergangenen Woche und nun seit ingesamt 12 Tagen ist die Grenze von 100 überschritten, dennoch kommt es ab Montag zu neuen Lockerungen. Dazu weiter unten mehr. Aktuell gelten in Hagen 371 (Vorwoche: 352) Personen offiziell als ansteckend und befinden sich zusammen mit ihren nächsten Kontaktpersonen in Quarantäne.

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Nach Angaben des RKI liegt Hagen auf Platz 6 (Vorwoche: 6) der Städte/Kreise mit der höchsten Inzidenz in Nordrhein-Westfalen. Bundesweit liegen wir auf Platz 61 (Vorwoche: 64).

Auf den Hagener Intensivstationen wurden in der vergangenen Woche täglich im Schnitt 17 (Vorwoche: 15) schwersterkrankte COVID-19-Patient:innen behandelt, von denen durchschnittlich 11 (Vorwoche: 8) invasiv beatmet werden mussten. Von den durchschnittlich 80 (Vorwoche: 81) Intensivbetten in Hagen standen täglich etwa 7 (Vorwoche: 7) zur Verfügung, was 8,8 Prozent entspricht. Weniger als 15 Prozent freie Intensivbetten stuft das RKI als kritisch ein.

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Impfungen für weitere Personen verfügbar

Laut Angaben der KVWL haben bislang 15.441 (Vorwoche: 11.200) Hagener:innen die erste Schutzimpfung gegen COVID-19 bekommen. Die zweite Impfung haben bereits 4.512 (Vorwoche: 3.778) Personen erhalten. In diesen Zahlen sind allerdings „nur“ die Impfungen im Hagener Impfzentrum und durch die mobilen Teams der KVWL in Alten- und Pflegeeinrichtungen enthalten. Zusätzlich sind aktuell etwa 2.000 weitere Erst- und Zweitimpfungen in den Hagener Krankenhäusern erfolgt, zu denen es aber leider keine gesicherte, tagesaktuelle Quelle gibt.

Wer als schwer vorerkrankte Person bislang vorzeigt geimpft werden will, kann zur Prüfung des Anspruchs ab sofort ein Onlineformular der Stadt Hagen nutzen. Einen Antrag können alle Hagener:innen stellen, bei denen ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus besteht und die dies durch ein ärztliches Zeugnis nachweisen können.

Außerdem ist mittlerweile die Verimpfung der Vakzine von AstraZeneca auch für Personen über 64 Jahren in den aktuell impfberechtigen Personengruppen möglich. Zudem haben Kontaktpersonen von Schwangeren (zwei Personen je Schwangerer) die Möglichkeit, sich im Hagener Impfzentrum impfen zu lassen. Hierzu muss zunächst ein Formular ausgefüllt und ausgedruckt werden, dass die Gynäkologin/der Gynäkologe unterschreiben muss. Dieses muss dann wiederum eingescannt und bei der Online-Terminvergabe hochgeladen werden.

Klingt alles kompliziert? Ist es auch. Immerhin lässt einen die Stadt im Dickicht der Bürokratie nicht völlig alleine. Seit heute bietet die Volkshochschule Hagen Unterstützung bei der Buchung eines Impftermins an. Wer diese Hilfe benötigt, kann sich montags bis freitags von 10 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer 02331 / 207-3622 melden. Das freiwillige Angebot der VHS umfasst allerdings nur die Terminbuchung und organisiert keinen Fahrdienst zum Impfzentrum.

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Kitas und Schulen

In Hagen waren auch in der vergangenen Woche mehrere Schulen und Kitas von COVID-19-Infektionen betroffen. Zu neuen Quarantänemaßnahmen kam es an Freiherr-vom-Stein-Grundschule (Vorhalle), Kath. Meinolf-Grundschule (Ischeland) und Käthe-Kollwitz-Berufskolleg (Remberg). Komplett geschlossen werden mussten die AWO-Kita im Familienzentrum Vorhalle und die Kita Wurzelzwerge an der Grünstraße (Wehringhausen) . In den Kitas City Kids (Innenstadt), Kath. Kita St. Josef (Altenhagen) sowie Zwergenhütte (Haspe) kam es zur Schließung einzelner Gruppen.

Sport und Bücher: Weitere Lockerungen in Hagen

Trotz der steigenden Infektionszahlen erfolgen in Hagen vorerst keine strengeren Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie. Im Gegenteil werden weitere Lockerungen eingeführt: Ab Montag, 15. März, sind die Sportplätze in Hagen nach den Vorgaben der Coronaschutzverordnung wieder geöffnet. Geschlossen bleiben aber weiterhin alle Sporthallen und Schwimmbäder. Ebenfalls öffnen die Stadtbücherei auf der Springe und die Stadtteilbüchereien in Haspe und Hohenlimburg wieder für den Ausleihbetrieb. Weiterhin geschlossen bleiben hingegen die städtischen Museen.

Blick über die Stadtgrenze

Die durchschnittliche Wocheninzidenz in Nordrhein-Westfalen ist laut MAGS innerhalb einer Woche drastisch auf 73,2 (Vorwoche: 63,9) gestiegen. Am stärksten betroffen ist nach Angaben des RKI Herne (140,6) gefolgt vom Märkische Kreis (139,0) und Düren (138,3). In NRW liegen nun laut RKI 10 (Vorwoche: 5) Städte/Kreise über der Inzidenz von 100. Unterhalb der Marke 50 liegen heute nur noch 9 (Vorwoche: 15) Kreise/Städte, das sind 17,0 Prozent. Unter eine Wocheninzidenz von 35, die für weitere Lockerungen entscheidend sein wird, kommen weiterhin 3 Städte/Kreise (Vorwoche: 3) in NRW, was 5,7 Prozent entspricht. In Hagens Nachbarschaft bleiben die Inzidenzen durchwachsen: Stadt Dortmund 62,9 (–1,7); Kreis Unna 59,3 (–3,2); Ennepe-Ruhr-Kreis 57,1 (–19,7); Märkischer Kreis 139,0 (+14,9).

Bundesweit steigt die durchschnittliche Inzidenz weiter auf 72,4 (Vorwoche: 65,4). In ganz Deutschland haben 8 (Vorwoche: 9) Städte/Kreise bzw. 2 Prozent eine extreme Infektionslage oberhalb einer Inzidenz von 200, 88 bzw. 21 Prozent liegen über 100. Die Zahl der deutschen Städte und Kreise unterhalb einer Wocheninzidenz von 50 sinkt weiter deutlich auf nur noch 126 (Vorwoche: 150) bzw. 30 Prozent. Insgesamt nur 45 (Vorwoche: 60) und damit 10 Prozent aller Städte/Kreise haben derzeit noch die Inzidenz von 35 unterschritten.

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