Am Sonntag, 15. Mai 2022, wurde in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Im Folgenden werfe ich einen kurzen Blick auf das Ergebnis im Bundesland, interessiere mich aber besonders für Hagen und Wehringhausen, das natürlich wieder einige Besonderheiten aufweist.

Die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen wurde abgewählt – so viel ist klar. Neben der FDP, die mit einem Minus von 6,7 Prozent besonders von den Wähler:innen abgestraft wurde, haben aber auch die Sozialdemokraten viele Stimmen verloren. Mit einem Minus von 4,6 Prozent und insgesamt lediglich 26,7 Prozent befindet sich die SPD auf einem historischen Tiefpunkt.

Zulegen konnte hingegen die regierende CDU: Plus 2,8 auf 35,7 Prozent. Die großen Gewinner:innen der Wahl sind jedoch die Grünen. Konnten diese bei der letzten Landtagswahl 2017 nur 6,4 Prozent aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinen, verbesserten sie sich jetzt um 11,8 Zähler auf 18,2 Prozent und sind damit deutlich drittstärkste Fraktion im neuen Landtag.

Die AfD verlor 1,9 Prozent im Vergleich zu 2017 und konnte mit ingesamt 5,4 Prozent noch so eben wieder in den Landtag einziehen, währen die Linke weiterhin nicht vertreten ist – und sich mit 2,1 Prozent (minus 2,8) davon auch noch weiter entfernt hat als in der letzten Legislaturperiode.

Im neuen Landtag in Düsseldorf wird die CDU 76 (+4) Sitze haben, die SPD 56 (–13) Sitze. Die Grünen sind künftig mit 39 (+25) Abgeordneten vertreten und sowohl die FDP (–16) wie auch die AfD (–4) jeweils mit 12. Die derzeit realistischsten Regierungskoalitionen sind damit entweder ein Bündnis aus CDU und Grünen oder – wie auch in der Bundesregierung – aus SPD, Grünen und FDP. Die Parteien verhandeln derzeit noch in alle Richtungen.

Eine wirklich gute Übersicht darüber, welche Partei – auch die ganz kleinen – wo im Bundesland am besten oder schlechtesten abgeschnitten hat, findest du auf Zeit online. Dort gibt es auch eine grafische Darstellung aller direkt gewählten Abgeordneten, möglicher Koalitionen und mehr.

Zwei Wahlkreise in Hagen

Hagen wird in Düsseldorf von zwei direkt gewählten Abgeordneten vertreten. Eine:n für den Wahlkreis 103 (Hagen I), der die Stadtbezirke Hagen-Mitte (Emst, Altenhagen, Hochschulviertel und Innenstadt), Hohenlimburg (mit Halden und Elsey) sowie Hagen-Nord (Vorhalle, Eckesey, Bathey, Boele, Boelerheide und Helfe) umfasst. Und eine:n für den Wahkreis 104 (Hagen II / Ennepe-Ruhr-Kreis III), zu dem neben den Hagener Stadtbezirken Haspe und Eilpe/Dahl auch die Städte Gevelsberg, Ennepetal und Breckerfeld im Ennepe-Ruhr-Kreis zählen. Seit dieser Wahl gehört auch Wehringhausen mit dem Kuhlerkamp, obwohl eigentlich im Bezirk Hagen-Mitte gelegen, zum Wahlkreis 104.

Während im Wahlkreis 104 die SPD-Kandidatin Ina Blumenthal sich mit 37,5 Prozent recht deutlich vom CDU-Kandidaten Alexander Ebbert absetzen konnte, war es im Wahlkreis 103 bis zur letzten Minute und dem letzten ausgezählten Stimmbezirk spannend: Mandatsinhaber Wolfgang Jörg (SPD) lag schließlich mit 34,7 Prozent nur 378 Stimmen vor Dennis Rehbein von der CDU (33,8 Prozent).

Bei den Betrachtungen der Hagener Zweitstimmen in diesem Text beziehe ich mich auf die Hagener Ergebnisse, wie sie von der Stadt Hagen für die in beiden Wahlkreisen gelegenen Teile unserer Stadt angegeben werden. Die entsprechen im Grunde, mit kleinen Abweichungen, dem NRW-Ergebnis: Die CDU liegt in der ehemaligen SPD-Hochburg Hagen vorne, die SPD folgt etwas knapper als im Bundesland. Die Grünen können deutlich zulegen, die FDP verliert am meisten, die AfD etwas – die rechtsradikale Partei erhält an Volme und Ennepe jedoch weiterhin deutlich mehr Stimmen als im Landesschnitt.

Die Wahlbeteiligung in Hagen ist schlecht: nun noch 45,3 Prozent aller Wahlbeteiligten gingen zur Wahl, also weniger als jede:r Zweite. Bei der letzten Landtagswahl in Nordhrein-Westfalen nahmen in Hagen immerhin noch sechs von zehn Wahlberechtigten ihre demokratischen Rechte wahr.

Die höchsten und niedrigsten Ergebnisse erzielten die Parteien in folgenden Stimmbezirken (Briefwahl nicht einbezogen):

ParteiHöchstes ErgebnisNiedrigstes Ergebnis
CDUHagener Straße (49,6 %)Södingstraße (12,0 %)
SPDHarkortstraße (53,5 %)Hestert (18,5 %)
GrüneStadtgarten (29,1 %)Steinhausstraße (4,0 %)
FDPYorckstraße (10,2 %)Harkortstraße (0,0 %)
Södingstraße (0,0 %)
AfDLeimstraße/Oedeweg (20,1 %)Lützowstraße (3,0 %)
Die LinkeWilhelmsplatz (10,0 %)Hagener Straße (0,3 %)
WahlbeteiligungBandstahlstraße (38,7 %)Adolf-/Sedanstraße (9,3 %)

So haben Wehringhausen und der Kuhlerkamp gewählt

Wie die Tabelle der höchsten und niedrigsten Ergebnisse in Hagen zeigt, ist Wehringhausen wie immer für ein paar Überraschungen gut. Diese werde ich im Folgenden etwas genauer betrachten.

Zunächst jedoch ein paar Worte zur Systematik und eventuellen Abweichungen: Um die Werte in Wehringhausen möglichst genau zu betrachten, habe ich nicht nur die einzelnen Ergebnisse in allen zehn Stimmbezirken ermittelt (1091 Minervastraße, 1092 St. Michael Kirche, 1093 Stadtgarten, 1094 Sternwarte, 1101 Cunosiedlung, 1102 Kuhlerkamp, 1103 Wehringhauser Straße/Philippshöhe, 1104 Södingstraße, 1105 Feuerwache Mitte und1106 Wilhelmsplatz). Ich habe in die Ergebnisse auch die drei Hagener Briefwahlbezirke 7403, 7404 und 7405 mit einbezogen. Und da kommt die Ungenauigkeit ins Spiel, denn die Briefwahlbezirke umfassen nicht nur die Wehringhauser Stimmbezirke, sondern auch drei in anderen Stadtteilen (4224 Rummenohl und 4225 Zum Hohenhof/Sürenhagen in Eilpe/Dahl sowie 5231 Jungfernbruch/Haus Harkorten in Haspe), die sich nicht aus dem Gesamtergebnis herausrechnen lassen.

Ingesamt waren in Wehringhausen 8.694 Personen am 15. Mai wahlberechtigt, von denen jedoch nur 4.647 an der Wahl teilnahmen und 4.614 einen gültigen Stimmzettel abgaben – 53,5 Prozent und damit unter dem Strich aber sogar etwas mehr als in ganz Hagen. Mit 11,9 Prozent gab es die drittniedrigste hagenweite Wahlbeteiligung an der Södingstraße, die wie auch bei vorherigen Wahlen ein kleines Kuriosum darstellt: Nirgendwo in Hagen wurde die CDU so selten gewählt, die FDP bekam überhaupt keine Stimme. Aber: Während noch bei der letzten Kommunalwahl die Södingstraße eine absolute Hochburg von „Die Partei“ war, bekam die Satire-Gruppe nun auch hier mit 6 Prozent ein zwar vergleichsweise hohes, da für diese jedoch ganze drei Stimmen reichten eher irrelevantes Ergebnis. Insgesamt konnte „Die Partei“, die bei der Kommunalwahl einen kleinen Achtungserfolg erzielte, bei der jetzigen Landtagswahl nur noch jede einhundertste Stimme hinter sich vereinen.

Hätte die Landtagswahl ausschließlich in Wehringhausen und am Kuhlerkamp stattgefunden, das Ergebnis wäre ein anderes gewesen: Die SPD wäre mit knappem Abstand vor der CDU auf dem ersten Platz gelandet, hätte jedoch zusammen mit den Grünen vermutlich sehr knapp eine Regierungskoalition bilden können. Die FDP hätte es mit 4,4 Prozent gar nicht in den Landtag geschafft, die Linke wäre auch im Viertel mit 3,2 Prozent draußen gewesen – obwohl sie am Wilhelmsplatz mit 10,0 Prozent ihr stadtweit bestes Ergebnis holte. Und die AfD hätte mit 7,0 Prozent deutlich besser abgeschnitten, als sie es tatsächlich hat.

Grafiken: Tabea Dölker