Stadtradeln: Eine rote Laterne für den Oberbürgermeister

Preisverleihung Stadtradeln
Nikolaj Krieg, Erik Schulz, Nina Shears, Jana Funke und Hans-Peter Kremer bei der Preisübergabe. Nicht anwesend waren die beiden weiteren Stars Gordon Storkmann und Paul Kahrau. (Foto: Heidi Wenke, VCD)

Ein Gastbeitrag der Initiative „Verkehrswende Hagen“

„Ist denn heut‘ schon Weihnachten?“ Diese Frage konnte man sich am vergangenen Freitag in der Innenstadt stellen. Nein, noch nicht – aber tatsächlich wurden am Rathaus Geschenke verteilt, denn dort fand die Ehrung der „Stadtradeln-Stars“ statt. Denn als Anreiz zur Teilnahme an der diesjährigen Aktion „Stadtradeln“ gab es nämlich ein Gewinnspiel mit interessanten Sachpreisen rund um das Radfahren.

Die „Stars“ hatten während des gesamten Aktionszeitraums vom 28. August bis zum 17. September vollständig auf die Nutzung von PKWs verzichtet und somit drei Wochen am Stück kein Auto von innen gesehen. Zusätzlich berichteten sie in einem Blog über die schönen und nicht ganz so schönen Seiten des Radfahrens in Hagen.

Pünktlich zum vereinbarten Termin fanden sich die Stadtradeln-Stars und die Planerinnen der Aktion, Jana Funke und Nina Shears, am Rathaus ein. Nur Hagens Oberbürgermeister Erik Schulz ließ auf sich warten. Schmunzeln mussten alle Beteiligten als er eintraf und erklärte, zusammen mit seinem Chauffeur im Verkehrsstau gestanden zu haben. Wir hätten da einen Tipp … 

ÖPNV in Hagen: Definitiv zu teuer 

Bevor die Bescherung losging, wurde sich noch ausgiebig über die Verkehrssituation in Hagen ausgetauscht. Einem ungläubig staunenden Oberbürgermeister konnte plausibel erklärt werden, dass es gar nicht so schwierig war, auf das Auto zu verzichten. Neben den normalen täglichen Wegen gibt es auch für den Einkauf inklusive Kiste Mineralwasser, den Besuch in Baumarkt und Möbelhaus oder auch die „Kinderlogistik“ einige Fallbeispiele im Blog. 

Leider traut unser Oberbürgermeister uns Bürger:innen offenbar nicht sehr viel Willen zur Verkehrswende zu und verfiel schnell in die übliche Hagener Litanei, etwa dass Parken in der Innenstadt schon so teuer sei und die Menschen trotzdem nicht mehr Bus führen. Den Grund konnten wir ihm gut erklären: Tatsächlich ist es trotz der hohen Parkgebühren noch immer kostengünstiger, die Innenstadt mit dem PKW anzusteuern und sich zwei Stunden in ein Parkhaus zu stellen, als die Strecke mit dem Bus zu fahren.

Wie unsere Initiative Verkehrswende Hagen herausfand, ist der private PKW selbst auf langen Strecken quer durch die Stadt günstiger als eine Busfahrt. Je nach Tickettyp kostet die Autofahrt deutlich (Einzelticket) oder etwas (4er-Tickets) weniger als eine Fahrt mit der Hagener Straßenbahn. Sparen kann man nur bei der ausschließlichen Nutzung einer Monatskarte, die aber eine entsprechende Fahrthäufigkeit voraussetzt. 

Erik Schulz war von diesen Beispielen sehr überrascht, ging dann aber zum Geschenkeaustausch über.

Hagen beim Radverkehr erneut auf dem letzten Platz 

Moment mal, Austausch? Ja! Denn Stadtradeln-Star und Verkehrswende-Aktivist Nikolaj Krieg wollte sich nicht nur beschenken lassen, sondern hatte auch Geschenke für Schulz vorbereitet. Der Oberbürgermeister erhielt das Buch „Mit Füßen und Pedalen“, ein Visionsbuch zur Verkehrswende und lebenswerten Städten, und … eine rote Laterne.

Diese hat sich die Stadt Hagen durch das erneute Erreichen des letzten Platzes im bundesweiten ADFC-Fahrradklimatest unter den Städten mit 100.000 bis 200.000 Einwohner:innen für das Jahr 2020 redlich verdient. Für Erik Schulz war das Geschenk aber wahrscheinlich nur wenig schockierend – denn es ist die bereits dritte Letztplatzierung in seiner bisherigen Zeit als Stadtoberhaupt.

Wo er die Laterne aufstellt und ob er dadurch etwas öfter bei seinen Entscheidungen an die Hagener Radfahrenden denkt, wird sich zeigen. Die im Gegenzug überreichten Satteltaschen werden aber sicherlich Verwendung bei den Radelnden finden.


Anmerkung der Redaktion: In ihrer offiziellen Pressemitteilung zur Preisvergabe geht die Stadt Hagen nicht auf die erhaltene rote Laterne oder die Letztplatzierung im Fahrradklimatest ein. Dort lesen wir aber, dass an der Aktion Stadtradeln in diesem Jahr insgesamt 309 Hagener:innen sowie 3 der insgesamt 57 Angehörigen des Rates der Stadt Hagen teilnahmen, um ein Zeichen für ein besseres Klima zu setzen. (JE)

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