Geboren in Wehringhausen: Erinnerung an den Ethnologen und UN-Diplomaten Heinrich Wieschhoff

Enthüllung Wieschhoff-Tafel
Dr. Marcus Wieschhoff (l.) und sein Sohn Timon waren extra aus Österreich angereist, um bei der Enthüllung der Gedenktafel für Heinrich Wieschhoff dabei zu sein. (Foto: Michael Eckhoff)

Von Dr. Fabian Fechner

Vielleicht ist sie der einen oder dem anderen an der Lange Straße bereits aufgefallen: Am 18. September wurde zum 60. Todestag des bedeutenden Ethnologen und UN-Diplomaten Heinrich Wieschhoff an dessen Geburtsadresse in Wehringhausen, Lange Straße 28, eine Gedenktafel enthüllt.

Damit erinnert seine Geburtsstadt Hagen zum ersten Mal an Wieschhoff. Die Enthüllung der Tafel mit anschließender Veranstaltung im benachbarten Erzählcafé war eine Gemeinschaftsunternehmung von Hagener Heimatbund und Fernuniversität (Lehrgebiet „Geschichte Europas in der Welt“) im Rahmen des 275-jährigen Stadtjubiläums.

Prof. Jürgen G. Nagel, Dekan der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, und Prof. Marcus Wieschhoff, der mit seinem Sohn eigens aus dem österreichischen Burgenland angereist war, führten in die Thematik ein und erläuterten ihre fachlichen und persönlichen Bezüge zu Heinrich Wieschhoff und seinem Wirken. Danach brachte Jens Bergmann, Vorsitzender des Hagener Heimatbundes, die historische Bühne näher: Wehringhausen im frühen 20. Jahrhundert, als Heinrich Wieschhoff dort aufwuchs. Diese größte Stadterweiterung Südwestfalens war damals von einem rasanten Wachstum ergriffen. Dr. Fabian Fechner vom Lehrgebiet „Geschichte Europas in der Welt“ umriss daraufhin die Lebensstationen des Erinnerten.

Von Wehringhausen nach Frankfurt

Heinrich Wieschhoff 1928
Heinrich Wieschhoff im Expeditionsteam auf der Überfahrt nach Südafrika 1928. (© Frobenius-Institut, Frankfurt, FoA 09-10006.)

Heinrich Albert Wieschhoff wurde am 1. August 1906 im kriegszerstörten Vorgängerbau des Hauses Lange Straße 28 geboren. Der Vater, ein Drahtzieher, zog mit der gesamten Familie 1910 nach Altenbögge-Bönen bei Unna. Der Kriegstod des Vaters, 1917 in Rumänien, war ein schwerer Schlag für die Familie. Nach der Mittleren Reife ging Heinrich Wieschhoff von der Schule ab und wurde Elektromonteur.

Eine schwere Verletzung unter Tage, die einen viermonatigen Krankenhausaufenthalt nach sich zog, führte zu seinem Entschluss, das Abitur nachzuholen. Ein kleiner Hinweis seines Klassenlehrers sollte wegweisend für sein gesamtes Leben sein: Dr. Geßner riet ihm, sich wegen einer ethnologischen Facharbeit an Leo Frobenius in Frankfurt zu wenden, einen der damals führenden Afrika-Kenner.

Nach einem persönlichen Treffen mit Frobenius studierte Wieschhoff schließlich in Frankfurt Ethnologie.

Forscher, Dozent, Diplomat

Als Teil von Frobenius‘ Forschungsteam konnte Heinrich Wieschhoff von 1928 bis 1930 durch ganz Südafrika reisen. 1935 wanderte er politisch bedingt in die USA aus. An der University of Pennsylvania kamen ihm seine Kenntnisse verschiedener afrikanischer Sprachen zugute: Er lehrte sie und wurde auch Kurator der Afrikaabteilung des Universitätsmuseums. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er auch für den amerikanischen Geheimdienst.

Afrikanisches Relief
Tafel aus dem Führer der Afrikasektion im Museum der University of Pennsylvania, 1945 verfasst von Wieschhoff. (Aus: H. Wieschhoff: The African collections of the University Museum, Philadelphia 1945, Fig. 22.)

Gleich nach dem Krieg halfen Wieschhoff seine Sprachkenntnisse bei seiner dritten Laufbahn, derjenigen als Diplomat: Als Afrikaexperte wurde er für die gerade gegründeten Vereinten Nationen tätig. Heinrich Wieschhoff wurde Berater des UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld und vermittelte mit ihm in der Kongo-Krise ab 1960.

Hammarskjöld und Wieschhoff kamen mit weiteren Kollegen vor geplanten Vermittlungsgesprächen am 18. September 1961 bei einem Flugzeugabsturz in Nordrhodesien (dem heutigen Sambia) ums Leben. Nach neueren Untersuchungsergebnissen handelte es sich um einen Anschlag, nicht um einen Unfall. An dieses Unglück wurde 18. September 2021 nicht nur in Hagen erinnert, sondern auch in Schweden, London, im UN-Hauptsitz in New York, in der Demokratischen Republik Kongo und in Sambia.

Vortrag in der Villa Post

An den ungewöhnlichen Hagener erinnert Dr. Fabian Fechner von der Fernuni Hagen in einem Vortrag am Mittwoch, 6. Oktober, um 18 Uhr in der Villa Post, Wehringhauser Straße 38. Der Eintritt ist frei. Es gilt die 3-G-Regel. Eine Anmeldung ist im AllerWeltHaus Hagen, Tel. 02331 / 21410 oder per E-Mail an info@allerwelthaus.org erforderlich.

Der Vortrag ist Teil der Reihe „Hagen.Heimat.Bunt“, einer Kooperation des AllerWeltHauses mit dem Hagener Heimatbund anlässlich des Stadtjubiläums „275 Jahre Hagen“.

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