Kommunalwahl 2020: Verblüffende Details aus Wehringhausen und der Bezirksvertretung Mitte

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Unser Viertel gliedert sich in zwei Wahlbezirke. Sowohl im Bezirk 09 (Wehringhausen/Stadtgarten) wie auch im Bezirk 10 (Wehringhausen/Kuhlerkamp) konnten sich die Direktkandidaten der SPDClaus Rudel und Hans-Christian Mechnich, mit 25,87 bzw. 25,56 Prozent klar gegen die anderen Kandidat*innen durchsetzen.

Wehringhauser Wahl-Highlights

Ein besonders buntes Bild ergibt sich aber, wenn man sich die zehn Stimmbezirke anschaut, aus denen sich die beiden Wehringhauser Kommunalwahlbezirke zusammensetzen. Dies sind im Einzelnen: 1091 (Minervastraße), 1092 (St.-Michael-Kirche), 1093 (Stadtgarten), 1094 (Sternwarte), 1101 (Cunosiedlung), 1102 (Kuhlerkamp), 1103 (Wehringhauser Straße/Philippshöhe), 1104 (Södingstraße), 1105 (Feuerwache Mitte) sowie 1106 (Wilhelmsplatz). Hinzu kommen zwei Briefwahlbezirke.

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Tipp: Wenn ihr in der Grafik in der Legende auf Stimmbezirke klickt, könnt ihr diese ausblenden und euch so eure Nachbarschaft anzeigen lassen.

In keinem Stimmbezirk war eine Partei stärker als SPD oder CDU (die sich lediglich am Stadtgarten und Kuhlerkamp die Pole Position sichert), auch nicht am Wilhelmsplatz, wo die Grünen bei den letzten Wahlen stets vorne lagen.

Im Bereich des Stadtgartens und der St.-Michael-Kirche erreichen die Grünen aber mit 20,54 bzw. 19,28 Prozent sehr gute Ergebnisse. Ansonsten liegen sie überall im Viertel (mit Ausnahme des Kuhlerkamps, der Wehringhauser Straße und der Södingstraße) auch über ihrem stadtweiten Schnitt von 13,28 Prozent. In den Bezirken 1091 (Minervastraße), 1092 (St.-Michael-Kirche), 1105 (Feuerwache-Mitte) sind die Grünen jeweils nach der SPD zweitstärkste Partei. In 1093 (Stadtgarten) teilen sie sich den zweiten Platz mit der SPD und in 1106 (Wilhelmsplatz) stimmengleich mit der PARTEI. In 1094, 1101 und 1102 sowie den beiden Briefwahlbezirken landen die Grünen auf Platz drei. Anders sieht es jedoch an der Wehringhauser Straße aus: hier sind die Grünen weit hinter der SPD,der AfD und sogar der Linken abgeschlagen auf Platz 4, den sie sich mit CDU und Hagen Aktiv teilen. Und an der Södingstraße kommen sie gar nur auf den fünften Platz, doch dazu weiter unten mehr.

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Die Linke holte im Bezirk 1103 mit 9,43 Prozent und im Bezirk 1106 mit 9,02 Prozent ihr zweit- bzw. drittbestes Ergebnis in ganz Hagen. Auch an der Feuerwache und Minervastraße gehen immerhin noch über 8 Prozent an die Linken.

Mit 25,47 Prozent wählte jede vierte Person im Bezirk 1103 aber die rechtspopulistische AfD – absoluter Spitzenwert in Hagen. Allerdings gaben dort auch nur 12,44 Prozent der Wahlberechtigten überhaupt ihre Stimme ab – das ist wiederum die fünftschlechteste Wahlbeteiligung in Hagen. Auch rund um die Södingstraße konnte die AfD mit 21,05 Prozent punkten, damit ist sie in den Stimmbezirken 1103 und 1104 die zweitstärkste Kraft nach der SPD. Im Bezirk 1105 an der Feuerwache, also direkt um die Ecke der Södingstraße, holen die Rechten allerdings ihr zweitschlechtestes Direktergebnis in ganz Hagen.

Als absolute Hochburg darf sich Wehringhausen jetzt wohl für Die PARTEI bezeichnen. Insgesamt ist sie die sechststärkste Gruppierung in Wehringhausen – noch vor der Linken und sogar deutlich vor der FDP. Mit 19,30 Prozent an der Södingstraße, 17,21 Prozent am Wilhelmsplatz, 15,59 Prozent an der Feuerwache Mitte, 13,07 Prozent an der St.-Michael-Kirche, 11,97 Prozent an der Minervastraße, 7,19 Prozent in der Cunosiedlung und 7,09 Prozent an der Sternwarte kommen die Top-7-Ergebnisse der Gruppierung um Laura Knüppel aus dem Viertel. In den beiden Wehringhauser Briefwahlbezirken liegt die PARTEI noch vor der AfD, allerdings hinter den beiden Wähler:innengemeinschaften HAK und Hagen Aktiv. HAK spielt ansonsten in Wehringhausen keine nennenswerte Rolle, während Hagen Aktiv überall die FDP abhängt und vielfach auch die Linke.

Parallelwelt Södingstraße?

Wie ihr ja vielleicht schon erahnt habt, scheint im Stimmbezirk Södingstraße (1104) alles etwas anders als überall anders. Deshalb schaue ich hier noch einmal genauer hin.

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Rund um die ziemlich genau 220 Meter lange Verbindung zwischen Wehringhauser Straße und Lange Straße leben 822 wahlberechtigte Menschen. Ganze 60 von diesen (7,30 Prozent) haben überhaupt an der Wahl zum Hagener Stadtrat teilgenommen. Das ist der zweitschlechteste Wert in Hagen. Nur an der Sedanstraße haben noch weniger Menschen ihr Wahlrecht genutzt. Und von den abgegebenen 60 Stimmen waren auch noch drei ungültig. Das bedeutet, dass schon eine einzige Stimme an der Södingstraße für ein Ergebnis von 1,76 Prozent gesorgt hat – oder zwölf Stimmen für den viertbesten Wert der AfD in Hagen, elf für das stadtweit beste Ergebnis der PARTEI.

Das zeigt natürlich ganz besonders eines: Je weniger Menschen wählen gehen, je weniger die „großen“ Parteien die Leute mit ihren Themen erreichen, desto stärker fallen die wenigen Stimmen für Extremisten oder Komödianten ins Gewicht.

Die Bezirksvertretung Mitte

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Viele Dinge, die unser alltägliches Leben betreffen, werden in der Bezirksvertretung (BV) entschieden. Das geht von der Spielplatz- bis zur Verkehrsplanung. Die BV entscheidet in Wehringhausen auch über die Mittel aus dem Programm „Soziale Stadt“.

Die Bezirksvertretung Hagen-Mitte ist aber nicht nur für Wehringhausen zuständig, sondern auch die gesamte Innenstadt, Altenhagen, Emst und das Hochschulviertel. Mit über 57.000 wahlberechtigten Menschen wohnen in diesem Bereich fast so viele wie in Haspe, Hohenlimburg und Eilpe/Dahl zusammen.

Während die CDU und die SPD deutlich an Stimmen für die BV verloren haben – sie verlieren verglichen mit 2014 jeweils knapp 15 Prozent ihrer Wähler*innen –, konnten die Grünen um mehr als ein Drittel spürbar zulegen.

Die Linke ist die große Verliererin in der BV – fast ein Drittel ihrer Stimmen ging verloren. Die AfD hingegen hat eindeutig am meisten gewonnen: Fast 150 Prozent Stimmenzugewinn für die Rechtspopulisten verglichen mit 2014. Auch die PARTEI schafft mit 3,39 Prozent der Gesamtstimmen eine gelungene Bezirksvertretungs-Premiere.

Bei Hagen Aktiv und der FDP ändert sich fast nix. Die Piraten haben es zwar auch 2014 nicht in die BV Mitte geschafft, reduzieren ihren Stimmanteil aber noch einmal deutlich auf unter ein Prozent und sind wohl endgültig in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

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Im Gegensatz zum Rat gilt für die Bezirksvertretungen eine 2,5-Prozent-Hürde. Wer weniger Stimmen hat, kommt automatisch nicht rein. Um Kosten zu sparen, wurde außerdem wie auch im Rat die Zahl der Sitze reduziert. Im Stadtbezirk Mitte sitzen nun 17 Abgeordnete statt bislang 19, für eine solide Mehrheit sind also mindestens 8 Stimmen (statt zuvor 10) erforderlich.

Bislang hatte die CDU 6 Sitze. Zusammen mit den Koalitionspartnern Grüne (2 Sitze) und FDP (1 Sitze) war also stets eine weitere Stimme nötig, um wichtige Anliegen durchzubringen. Diese musste von der SPD (6 Sitze), Hagen Aktiv (2 Sitze) oder den jeweils mit einem Sitz vertretenen Linken oder AfD kommen.

Das wird jetzt vielleicht deutlich weniger kompliziert: Die Ratskoalition aus CDU (4), Grüne (3) und FDP (1) hätte bereits die erforderliche Mehrheit. Damit könnte wohl davon auszugehen sein, dass der bisherige Bezirksbürgermeister Ralf Quardt (CDU) im Amt bleiben wird. Die Opposition ist dafür viel fragmentierter. Die SPD kommt auf vier Sitze, Hagen Aktiv hat nur noch einen. Die AfD ist hingegen nun mit zwei Personen in der BV Mitte vertreten. Außerdem entsendet Die PARTEI ihre Vorsitzende Laura Knüppel künftig nicht nur in den Rat der Stadt Hagen sondern auch in die größte Bezirksvertretung. Allerdings müssen in einer BV nicht zwangsläufig die Koalitionen des Rates bestand haben.

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Integrationsrat und Ruhrparlament

Noch immer nicht genug von Wahlergebnissen? Dann schau doch morgen wieder vorbei, dann beschäftige ich mich noch ein wenig mit den Ergebnissen der Integrationsratswahl (die in Hagen mindestens verblüffend, aber ich würde sogar sagen: schockierend sind). Und einen kleinen Blick werfe ich abschließend noch auf das Ruhrparlament, das ja auch am 13. September gewählt wurde.

Dir hat mein Rückblick auf die Wahl gefallen? Dann unterstütze doch meine Arbeit mit ein paar Euro, damit ich auch künftig solche Inhalte erstellen kann.


Korrektur, 16.09.2020, 11.25 Uhr: In der vorherigen Version dieses Artikels hieß es, die Zahl der Sitze in der BV Mitte sei von 19 auf 15 reduziert worden. Korrekt ist, dass es nun 17 Sitze sind. Danke an Elke Freund für den Hinweis auf Facebook!